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  • Thema Neue Technologien

Frischer Wind mit COMo: CO2-Monitoring für die ganze Stadt?

  • Rubrik Aus der Stiftung
  • Veröffentlichungsdatum 12.01.2023
Ninett Rosenfeld

Im letzten Jahr hat die Technologiestiftung Berlin im COMo-Projekt daran gearbeitet, öffentliche Räume mit CO2- Sensoren auszustatten. Die Idee für das COMo-Projekt (CO2-Monitoring in öffentlichen Innenräumen) entstand im Lock-Down-Winter 2020. Betreiber:innen öffentlicher Innenräume, wie Cafés, Ausstellungs- oder auch Schulungsräumen, sollten ein unkompliziertes Tool an die Hand bekommen, mit dem sie ihre Raumluftqualität überwachen und geeignete Lüftungsmaßnahmen durchführen können. Da die CO2-Konzentration ein guter Leitwert für die Belastung der Innenraumluft mit infektiösen Aerosolen ist, kann mit geeigneten Lüftungsmaßnahmen das Infektionsrisiko minimiert werden. Aber CO2-Monitoring für die ganze Stadt – geht das überhaupt? Projektverantwortliche Ninett Rosenfeld und andere Projektpartner:innen ziehen Resümee.

Wie funktioniert COMo?

Im COMo-Projekt werden die gemessene CO2-Konzentration und der zugehörige Zeitstempel über das LoRaWAN-Funknetz an den TTN-Server gesendet. TTN steht für The Things Network und ist eine niederländische Initiative, die das energiesparende Empfangen und Senden von Daten über ein Long Range Wide Area Netzwerk (LoRaWAN) im sogenannten „Internet der Dinge“ ermöglicht. Dabei werden kleine Datenpakete – wie Sensordaten – über große Entfernungen übertragen und gesammelt. Das ist besonders wichtig für Orte, die über keine gute Internetabdeckung verfügen. So wird es beispielsweise möglich, Rauchdetektoren ohne großen Aufwand in Wäldern zu installieren, um so Brände zu verhindern.  

Damit die von einem LoRaWAN-fähigen Sensor gesammelten Daten empfangen und ausgewertet werden können, sind sogenannte Gateways notwendig. Diese dienen als Kommunikationsknotenpunkt und senden die Messwerte weiter über das Internet an den TTN-Server. Im Berliner Stadtgebiet funktioniert diese Kommunikation durch die von Freiwilligen betriebenen Gateways. Sind die Daten auf dem TTN-Server eingetroffen, können sie für das COMo-Projekt weiterverarbeitet werden.  

Luftqualität zum Nachvollziehen – für alle

Durch die Förderung der Senatskanzlei war es dem COMo-Team möglich, das LoRaWAN-Netz im Stadtgebiet auszubauen und acht weitere Gateways zu installieren. Dies war auch notwendig, da das vorhandene Funknetz in einigen Stadtgebieten nicht ausreichend ausgebaut war, so dass keine Daten versendet werden konnten. Zudem zeigte sich bei der Auswertung der Messdaten, dass die vorhandene Infrastruktur zwar Daten übermitteln kann, jedoch das Netz nicht stabil genug ist, um mit einer hohen Abtastrate das Monitoring in Echtzeit zu gewährleisten. Damit war klar: Für die Weiterführung und den flächendeckenden Betrieb von COMo über LoRaWAN ist es unabdingbar das Netzwerk kontinuierlich auszubauen und nicht nur auf die Berliner TTN-Community zu setzen. 

Durch die kostenneutrale Verlängerung im Mai 2022 konnte das Projekt bis Ende September 2022 weiter ausgebaut werden. In dieser Zeit wurden weitere CO2-Sensoren verteilt, noch mehr Gateways installiert und das Herzstück des Projekts, das COMo-Widget, veröffentlicht. 

Das COMo-Widget lässt sich einfach auf Webseiten integrieren und dient dem Monitoring der von den Betreiber:innen öffentlich gestellten Messdaten, die auf der COMo-Website eingesehen werden können. Neben dem zuletzt gemessenen CO2-Wert ist für die Besucher:innen der Wert auf einer farbigen Skale eingeordnet und wird über einen kleinen Infotext erklärt. Der unmittelbare Nutzen für die Öffentlichkeit: Nicht nur die Betreiber:innen, auch Besucher:innen der jeweiligen Räume können sich, wenn die Betreiber:innen ihre Daten veröffentlicht haben, im Widget auf der COMo-Website über die Luftqualität vor Ort informieren. 

Neben dem Momentanwert haben die Betreiber:innen in ihrem Dashboard die Möglichkeit historische Messwerte einzusehen und den Verlauf der CO2-Konzentration über den Tag, Monat und das Jahr zu verfolgen. 

Die Projektidee zu COMo wurde während der Pandemie an die Senatskanzlei herangetragen. Wir freuen uns, dass wir dieses Projekt mit einem hohen Nutzen für unsere Bürgerinnen und Bürger unterstützen konnten. Durch COMo werden soziale Kontakte erleichtert, ohne die Infektionswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Auch das „Lüften auf Verdacht“ wird durch die Daten von COMo reduziert und kann damit eine Energieeinsparung bewirken.

Alev Gündoğdu, Senatskanzlei Berlin

Dicke Luft war gestern

Das COMo-Projekt konnte mit dem Betrieb von 42 Sensoren in der Stadt Berlin zeigen, dass ein CO2-Monitoring grundsätzlich umsetzbar ist. Das Projekt stieß auf viel Zuspruch unter den teilnehmenden Institutionen. Vor allem im Kultur- und Bildungsbereich wurde das Projekt mit offenen Armen empfangen, da hier die Einschränkungen während der Pandemie besonders deutlich zu spüren waren. Der Kontakt und Austausch mit den Betreiber:innen zum Projekt half dem COMo-Team die Anforderungen an die Installation der Geräte und an die Visualisierung der Daten zu verstehen. So waren es vor allem ästhetische Fragen, beispielsweise wo der Sensor möglichst unauffällig angebracht werden kann, die die Betreiber:innen interessierten.

Neben einem Interview mit einem der Betreiber des SchwuZ, Marcel Weber, der vom Mehrwert des Projekts und der Bedeutung guter Raumluft für seine Arbeit berichtete, zeigte das Projekt auch in verschiedenen Workshops, dass das Bewusstsein für unsere Raumluft geschärft werden sollte. Nicht nur die Betreiber:innen und das COMo-Team lüfteten einmal mehr nachdem sie die Messkurven gesehen hatten; auch andere, die mit dem Projekt in Berührung kamen, waren erstaunt, dass wir uns zwar rund 90% des Tages in Innenräumen aufhalten und dabei trotzdem so wenig den Einfluss der Raumluft auf unser Wohlbefinden beachten. 

Das dEIn Labor, ein Schülerlabor an der TU Berlin der Fakultät für Elektrotechnik und Informatik, sensibilisierte spielerisch die Schüler:innen-Gruppen während ihrer Workshops. Indem die Schüler:innen beauftragt wurden, die COMo-Kurve im Auge zu behalten und bei Bedarf nach Frischluft Bescheid zu geben, lernten sie viel über das Verhalten des Kohlenstoffdioxids im Raum: 

Wir haben jetzt ein viel besseres Gefühl dafür, wie oft und wie lange wir die Workshopräume in unserem Schülerlabor lüften müssen, um wirklich wieder frische Luft im Raum zu haben. So schicken wir neuerdings immer alle Kinder in der Pause für 20 Minuten aus dem Raum, denn wenn Kinder drin bleiben, baut sich das CO2 viel langsamer ab. Die Kinder selber zeigen übrigens großes Interesse an den CO2-Diagrammen von "ihrem" Raum und staunen, wie schnell die Werte zu Beginn eines Workshops anstiegen. Eine für uns neue Erkenntnis war, wie langsam sich CO2 abbaut, wenn nicht noch einmal nach Ende eines Workshops gelüftet wird. Nun lüften wir immer auch nach den Workshops.

Dr. Claudia Ermel, dEIn-Schülerlabor

COMo – ein Projekt zum Weiterdenken

Das COMo-Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie herausfordernd und spannend die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteur:innen sein kann. Zudem haben wir gelernt, wie wichtig die entsprechende Aufbereitung und der Wissenstransfer der Inhalte und Hintergründe für das Gelingen von Pilotprojekten ist, um diese erfolgreich zu etablieren. Deutlich wurde auch, wie einfache Tools unseren Alltag unterstützen können, wenn der Bedarf des Menschen dafür adäquat im Vorfeld erfasst wird. Für den Weiterbetrieb des Projekts und auch die Umsetzung anderer IoT-Projekte ist es unabdingbar das LoRaWAN-Netz im Stadtgebiet kontinuierlich auszubauen. Ist das Netz erst einmal stabil genug, können nicht nur Projekte wie COMo realisiert werden. Auch der Stadtbevölkerung wird es ermöglicht mit eigenen IoT-Ideen die Stadt zu gestalten. 

Das COMo-Projekt wurde als Kooperation mit der HTW Berlin und der KOING GmbH realisiert, gefördert von der Senatskanzlei Berlin.  

COMo-Berlin: CO2-Monitoring in Innenräumen

Eine Hand öffnet ein Fenster.

Das Projekt COMo hilft Betreiber:innen öffentlicher Räume, die Luftqualität in den Räumen zu verfolgen und die Öffentlichkeit darüber zu informieren.