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Strategie trifft Praxis: Wie die Stadtgesellschaft Gemeinsam Digital: Berlin zum Leben erweckt

Die Strategie Gemeinsam Digital: Berlin (kurz GD:B) ist verabschiedet – jetzt geht es an die Umsetzung der neuen Smart City- und Digitalstrategie. Eine Phase, in der sich in der Vergangenheit für viele Stadtentwicklungsstrategien große Herausforderungen ergeben haben. Die Strategie GD:B denkt genau das mit: Schon in der Konzeptphase wurde auf eine breite Beteiligung der Stadtgesellschaft gesetzt und in der Strategie viele Voraussetzungen geschaffen, die jetzt die praktische Umsetzung unterstützen. Mit Niklas Kossow, der für das CityLAB die vergangenen zwei Jahre die Strategie mitentwickelt hat, und Matthieu Rigal, der für die Technologiestiftung an der Umsetzung von zwei der fünf Pilotmaßnahmen mitwirkt, sprechen wir über die wichtigsten Eckpunkte der Strategie sowie den Status Quo und nächste Schritten in der Umsetzungsphase.

© aufsiemitgebrüll, Larissa Hoff

Die Strategie Gemeinsam Digital:Berlin wurde am 20. Dezember nach einem mehr als zwei Jahre andauernden Entwicklungsprozess verabschiedet. Die praktische Umsetzung wurde in der Strategie von Anfang an mitgedacht, auch durch Beteiligte wie Dich. Durch welche Prinzipien äußert sich das?  

Niklas Kossow: Die Strategie bietet nicht nur eine Vision für die Zukunft der digitalen und smarten Transformation Berlins, sondern auch konkrete Ansatzpunkte um diese in der Praxis zu leben. Dazu gehören erste Pilotmaßnahmen, die ab jetzt angegangen werden, sowie Eckpunkte für eine Governance-Struktur und ein Umsetzungskonzept. In der Strategie wurde außerdem festgeschrieben, dass es für Maßnahmen konkrete Unterstützung geben wird: sowohl durch ein Handbuch mit Templates und Hilfestellung, als auch durch ein Support-Team, welches Prozesse unterstützt und zum Beispiel Workshops für Maßnahmenteams organisiert. Zu diesem Team gehört auch das CityLAB Berlin, welches von der Technologiestiftung Berlin betrieben wird. 

Und welche Herausforderungen lassen sich gerade in der Umsetzung skizzieren?  

Matthieu Rigal: Die erste Herausforderung war und ist die Einstellung der nötigen Köpfe, vor allem bei der Software-(Weiter-)Entwicklung. Gleichzeitig wollen wir in den Projekten auch schnell erste Erkenntnisse zur praktischen Umsetzung produzieren, die uns auf dem weiteren Weg unterstützen. Das Wichtigste: Jetzt wo die Strategie verabschiedet ist, können wir endlich offiziell in die Projektentwicklung und Umsetzung starten. Das freut mich sehr. 

Auf welche Säulen baut die Strategie auf?  

Niklas Kossow: Die Strategie setzt sehr stark auf Partizipation. Deswegen wurde das Strategiepapier bereits unter Beteiligung der ganzen Berliner Stadtgesellschaft – Berliner:innen, Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft – entwickelt. Diese Gruppen werden jetzt auch in die Umsetzung eingebunden. Gemeinsam konnten wir einen Wertekompass entwickeln, an welchem sich Maßnahmen ausrichten sollen, um nachhaltig, gemeinwohlorientiert, resilient und kooperativ zu arbeiten. Hierzu gehören auch Erfolgskriterien, die zur Wirkungsmessung herangezogen werden sollen. Die Strategie ist dabei eine übergreifende Dachstrategie: Sie soll bestehende Fachstrategien unterstützen und dabei helfen, Digitalisierung nicht um der Digitalisierung willen, sondern im Sinne der Zukunftsfähigkeit Berlins zu denken. Dafür setzen wir auf neue Formen der Zusammenarbeit, auch und vor allem innerhalb der Verwaltung. Hierfür ist ein Kulturwandel hin zu ressort- und ebenenübergreifendem Arbeiten notwendig. 

Matthieu, Du bist für die Technologiestiftung mit der Umsetzung von  Kiezbox 2.0 beauftragt, eine der insgesamt fünf Pilotmaßnahmen, die die Strategie konkret vorsieht. Was ist die Idee hinter dem Projekt und wo steht ihr dort aktuell?  

Matthieu Rigal: Das Projekt Kiezbox 2.0 – Kommunikation in Alltag und Krise widmet sich der Herausforderung, im Fall eines anhaltenden Stromausfalls weiterhin Kommunikation zu ermöglichen. In diesem Fall bieten Mobilfunk und andere strombasierte Kommunikationsnetze, zum Beispiel Glasfaser oder Funktechnologien, keine verlässliche Möglichkeit für den Austausch von Daten und Informationen. Hier stehen wir aktuell vor der Herausforderung, alles für die anstehende Testphase des Prototyps vorzubereiten und weitere Projektpartner:innen aus dem Bereich kritische Infrastruktur in das Projekt zu holen. Ziel für die Prototypphase ist es, eine Flotte von circa 15 Kiezboxen auf den Dächern eines ausgewählten Berliner Stadtteils aufzustellen, wo diese im Regelbetrieb lokale Daten über Klima, Umwelt und Luftgüte gewinnen können und im Krisenbetrieb ein stromautarkes Mesh-Netzwerk für Kommunikation zur Verfügung stellen. 

Du bist zudem für das Projekt Smart Water verantwortlich, welches wir gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) und den Berliner Wasserbetrieben umsetzen. Worum geht es in diesem Projekt und welche Schritte geht ihr aktuell?  

Matthieu Rigal: Bei Smart Water geht es um die agile und datenbasierte Planung von Regenwasserbewirtschaftung, die ein wichtiger Aspekt klimagerechter Stadtplanung ist. Wir wollen mit dem Projekt gezielt den immer häufigeren und intensiveren Dürreperioden sowie Starkregensituationen und damit verbundene Hitzeinseln, Gewässerbelastungen und Überflutungen entgegenwirken. Hier sind wir aktuell in der Planung für vier Prototypen: ein Tool für die agile Planung der Regenwasserbewirtschaftung, eine Webanwendung, mit der Bürger:innen sich informieren können, ein Konzept zur digitalen Risikokommunikation für extremwetterbedingte Situationen und eine zentrale Datenplattform. 

Im Gegensatz zu anderen Stadtentwicklungsstrategien setzt GD:B sowohl bei der Entwicklung als auch bei der Umsetzung auf eine Vielfalt an Akteur:innen. Warum ist das so – und wer wirkt jetzt alles in der Umsetzungsphase mit?  

Niklas Kossow: Als städtische Strategie richtet sich GD:B natürlich als erstes an die Berliner Verwaltung, um die digitale Transformation Berlins zielgerichtet anzustoßen und nachhaltig zu steuern. Aber Digitalisierung betrifft eben nicht nur die Verwaltung: Die Smart City Berlin entsteht jetzt schon in vielen, dezentralen Projekten. Diese werden oft nicht (nur) von der Verwaltung umgesetzt, sondern auch von Akteur:innen aus der Wirtschaft, der Ziviligesellschaft oder der Wissenschaft und Forschung. GD:B soll auch diesen Akteur:innen eine Plattform sein. Zu den ersten Pilotmaßnahmen gehören so zum Beispiel ebenfalls Maßnahmen, die von Akteur:innen wie den Berliner Wasserbetrieben, der Technologiestiftung Berlin oder dem Einstein Center for Digital Future umgesetzt werden. Und das ist richtig so: Berlin hat viel Expertise im Bereich der Digitalisierung und der Smart City – dieses Potenzial will die Strategie heben. Über allem steht aber weiterhin das übergeordnete Ziel, dass die Strategie allen Berliner:innen zu Gute kommen soll – deswegen werden Maßnahmen nutzer:innengerecht entwickelt und Bürger:innen aktiv in die Entwicklung eingebunden. 

Was sind die nächsten Schritte in der Umsetzungsphase, auf welche Highlights dürfen wir uns 2023 freuen?  

Matthieu Rigal: In 2023 wollen wir bei Smart Water die Pilotgebiete definieren, mit einer erweiterten Gruppe von Stakeholdern innerhalb und außerhalb der Verwaltung eine bedarfsorientierte, klare Vision für die Web-Tools bereitstellen sowie den Datenbedarf und Datenquellen identifizieren. 

Bei Kiezbox 2.0 werden wir Projektpartner:innen onboarden, letzte offene Fragen zur Hardware klären und erste Kiezboxen im Probeeinsatz für den Krisenfall haben. Langfristig und über das nächste Jahr hinaus wollen wir eine Schnittstelle zum Datennetz der Berliner Feuerwehr zum Absetzen von Notrufen prüfen. Zudem wollen wir eruieren, wie sich Krisen-Kommunikations-Infrastruktur im öffentlichen Raum als Mittel der Bürgerinformation in Ausnahmesituationen nutzen lässt. 

Vielen Dank für das Gespräch! 

© aufsiemitgebrüll, Larissa Hoff

Mehr Informationen zur Strategie Gemeinsam Digital: Berlin gibt es auf gemeinsamdigital.berlin.de.