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„Wir wollen Projekte machen, die alle in der Stadt erreichen“

  • Rubrik Interview
  • Veröffentlichungsdatum 11.01.2021
Frauke Nippel

Wie hat sich Corona auf die digitale Entwicklung ausgewirkt? Im Interview blickt Nicolas Zimmer, Vorstandsvorsitzender der Technologiestiftung, zurück, aber vor allem auch in die Zukunft 2021.

Porträt von Nicolas Zimmer

Das Jahr 2020 war besonders. Eigentlich gab es nur ein Thema: Corona. Oft war zu hören, dass die Pandemie die Digitalisierung voranbringen würde. Siehst Du es auch so?

Nicolas Zimmer: Ja, ich denke, dass die Pandemie tatsächlich einen Schub gebracht hat. Die Akzeptanz für digitale Lösungen ist gewachsen, weil alle erlebt haben, wie sie unser Leben in der Pandemie erleichtern. Und bei vielen ist auch das Bewusstsein gewachsen, dass die Digitalisierung nicht einfach Bestehendes modernisiert, sondern grundsätzlich Neues bringt.

Gleichzeitig ist auch sehr deutlich geworden, dass wir strukturell noch nicht so weit sind, wie wir sein sollten. Im Bildungsbereich beispielsweise reicht es nicht, neue Hardware anzuschaffen. Da fehlen teilweise noch die Voraussetzungen, diese Hardware auch einzusetzen. Vor allem aber wurde deutlich, dass die digitalen Möglichkeiten einige Gruppen in unserer Gesellschaft zurzeit kaum erreichen. Mit den digitalen Tools wachsen die Möglichkeiten, sich zu informieren und sich zu vernetzen. Aber das gilt eben nur für die Gruppen, die über eine entsprechende technische Ausrüstung verfügen und eine gewisse digitale Kompetenz mitbringen.

Leider vergrößert die Digitalisierung im Moment den Graben zwischen diesen beiden Gruppen der Stadtgesellschaft eher als dass sie ihn verkleinert. Das ist aber nicht zwangsläufig: Gerade digitale Tools haben das Potenzial, alle zu vernetzen und Zugänge diskriminierungsfrei zu erleichtern. Das müssen wir im Auge behalten, wenn wir an Themen wie digitaler Infrastruktur arbeiten oder in der Offenen Werkstatt neue Skills vermitteln. Wir wollen Projekte machen, die alle in der Stadt erreichen.


Das CityLAB hat ja gerade in diesem Jahr gezeigt, welchen Mehrwert offene Daten haben und wie man sie nutzen kann, um das Miteinander in der Stadt zu organisieren – Stichwort „Gieß den Kiez“. Wird es weitere Projekte dieser Art geben?

Nicolas Zimmer: In der Tat ist „Gieß den Kiez" ein echter Renner, weil wir damit ein Thema in den Blick genommen haben, das praktisch alle Berliner*innen bewegt. Wenn man sagt: „Helft den Bäumen in der Trockenheit, gießt und teilt das mit anderen“, erreicht man die Leute. Hinzu kommt, dass die Seite trotz der vielen Informationen zu Bäumen und Gießen sowie den aktuellen Wetterdaten sehr einfach zu erfassen ist. Ich freue mich sehr über diesen Erfolg.

Die Leute interessieren sich nicht übermäßig für das abstrakte Thema Digitalisierung der Verwaltung oder Open Data, aber sie mögen digitale Tools, die für sie Probleme lösen. Da bleiben wir dran.

In unserem Handbuch „Öffentliches Gestalten“, das im Juni herausgekommen ist und im Dezember bereits seine 2. Auflage erlebt hat, zeigen wir auf, wie man innovativ mit scheinbar altvertrauten Themen umgeht und sich neue Horizonte erschließt. Ich bin gespannt, zu welchen neuen digitalen Projekten und Prozessen wir so in Zusammenarbeit mit den Berliner Verwaltungen im nächsten Jahr kommen.
 
Auch in unserem Projekt kulturBdigital für den Berliner Kulturbereich werden wir digitale Angebote weiterentwickeln. Ziel ist eine Plattform, in der Daten wie etwa Standort, Sparte und Angebotsart zentral gebündelt werden und die von allen Berliner Kultureinrichtungen genutzt werden kann. Zurzeit sind wir bei der Bestand- und Bedarfsanalyse.


Neben digitalen Tools stellt die Technologiestiftung Wissen zur Verfügung. Im letzten Jahr sind Studien zu smarten Gebäuden und vernetzten Quartieren erschienen. Was kommt 2021?

Nicolas Zimmer: Gleich im ersten Quartal gibt es eine Studie zum Thema Digitalisierung der Zivilgesellschaft. Ähnlich wie im Bildungsbereich ist im Verein oder in der Nachbarschaftsinitiative der Grad der Digitalisierung sehr von einzelnen Menschen abhängig und geschieht eher unstrukturiert. Das ist bedauerlich, denn im ehrenamtlichen Bereich investieren viele Menschen ihre kostbare Zeit. Die sollte effizient genutzt werden.

Dem Senat ist das Thema sehr wichtig, was man auch daran sieht, dass wir schon während der Arbeit an der Studie eine weitere Förderung erhalten haben, um aktiv zu werden und passende Tools zur Verfügung zu stellen.

Wissen vermitteln wir auch weiterhin in der Offenen Werkstatt und bei unseren anderen Bildungsangeboten. Im letzten Jahr musste ja vieles ins Netz verlegt werden. Ich denke, dass wir im Laufe des Jahres, wenn sich mit den Impfungen die Corona-Lage entspannt, auch wieder mehr Veranstaltungen vor Ort anbieten können.